Tagebuch schreiben: 5 Dinge, die man darüber wissen sollte

Tagebuch schreiben führt nicht nur zu höheren Kreativitätswerten und gesteigertem Selbstwertgefühl, sondern hat auch direkte Auswirkungen auf das körperliche Wohlbefinden.



In einer weiteren Untersuchung zeigten Tagebuchschreiber eine geringere Anfälligkeit für Grippe und ein insgesamt verbessertes Wohlbefinden im Vergleich zur Kontrollgruppe.

Quelle: https://onlinelibrary.wiley.com

Tagebuch schreiben ist gesund

Diverse Studien legen nahe, dass das Schreiben eines Tagebuchs bei der Bewältigung von Erkrankungen und Symptomen unterstützend wirken kann, darunter:

  • Trauer und Verlust
  • Angst und Panik
  • Zwangsstörungen und Depressionen
  • Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS)
  • Probleme im Umgang mit Alkohol, Drogen und Essstörungen
  • Reizdarm, Bluthochdruck und Asthma.

Zusätzlich werden dem Tagebuchschreiben mindestens fünf positive Eigenschaften zugeschrieben:

  1. Eine bessere Erinnerung an Erlebnisse und Gefühle.
  2. Emotionale Entlastung in schwierigen Situationen.
  3. Selbstintegration von Gefühlen und Einstellungen.
  4. Wohlwollende Selbstreflexion.
  5. Das Tagebuch als verlässlicher Freund.

Alle diese Eigenschaften lassen sich plausibel erklären: Das Festhalten von Erlebnissen verbessert die Erinnerungsfähigkeit und macht Vergangenes klarer und durchschaubarer. Diese Klarheit ermöglicht es, sowohl positive als auch belastende Erfahrungen in die eigene Lebensgeschichte zu integrieren.

Die Erinnerungsfunktion dient somit der emotionalen Entlastung, sei es von Schuldgefühlen oder anderen belastenden Emotionen. Durch erneute Betrachtung von Ereignissen können wir daraus lernen und nicht nur die oberflächlichen Aspekte erfassen.

Die Integration von Liebe, Hass oder Eifersucht in unser Selbst ermöglicht eine positivere Bewältigung dieser Gefühle.

Eine ehrliche Auseinandersetzung mit unseren Gedanken und Gefühlen im Tagebuch wird zu einem Ort konstruktiver Selbstkritik, die wiederum die Annahme von Kritik seitens anderer erleichtert und positive Elemente hervorhebt.

Insgesamt wird das regelmäßige Führen eines Tagebuchs innerhalb kurzer Zeit zu einem ebenso bedeutsamen Instrument wie ein offenes Gespräch mit einem vertrauten Freund. In einer Zeit, in der authentische Offenheit immer wichtiger wird, bietet das Tagebuch einen Raum, in dem wir uns völlig ungeschminkt zeigen können – eine Seltenheit, insbesondere im Vergleich zu den oberflächlichen Präsentationen in sozialen Netzwerken.

Berühmte Tagebuchschreiber

Es gibt durchaus triftige Gründe dafür, dass auch zahlreiche Persönlichkeiten, insbesondere aus kreativen Sphären, täglich zur Feder greifen und ihre Gedanken in ein Notizbuch übertragen. Historische Beispiele hierfür sind Virginia Woolf, Leo Tolstoi, Johann Wolfgang von Goethe, Franz Kafka, Thomas Mann u.v.m.

Ein besonders prominentes Tagebuch stammt zweifellos von Anne Frank. Bei einer erneuten Auseinandersetzung mit der Geschichte dieser Widerstandskämpferin empfindet man unweigerlich Respekt für ihre innere Stärke. Die Frage, ob wir ebenso tapfer handeln würden, bleibt eine Hoffnung.

Viele Historiker vertreten die Ansicht, dass Anne Frank ohne ihr Tagebuch möglicherweise nicht so widerstandsfähig geblieben wäre.

Interessanterweise verfasste Frank ihre Einträge über einen längeren Zeitraum hinweg in Form fiktiver Briefe an verschiedene Mädchennamen und schlüpfte dabei in die Rolle der eigenwilligen Joop, die in den Briefen ihr aufregendes Leben schilderte. Auf diese Weise praktizierte Anne Frank intuitiv eine psychologische Methode, die erst kürzlich in der Psychotherapie zur Bewältigung traumatischer Erlebnisse Anwendung findet – nämlich das narrative Beschreiben der eigenen Geschichte.

Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel für ein Tagebuch ist das „Rote Buch“ von Carl Gustav Jung. Der renommierte Psychologe verfasste dieses Werk in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, um sich – seinen eigenen Worten zufolge – selbst zu therapieren. Er beschäftigte sich in diesem Werk schreibend und malend intensiv mit seinen Träumen, Visionen und Fantasien.

Jung zog sich gewissermaßen beim Verfassen seines Tagebuchs selbst am Füller aus der Tinte.

C. G. Jung: „Ich habe an diesem Buch 16 Jahre lang gearbeitet. Dem oberflächlichen Betrachter wird es wie eine Verrücktheit vorkommen. Es wäre auch zu einer solchen geworden, wenn ich die überwältigende Kraft der ursprünglichen Erlebnisse nicht hätte auffangen können. Ich wusste immer, dass jene Erlebnisse Kostbares enthielten, und darum wusste ich nichts Besseres, als sie in ein kostbares, d. h. teures Buch aufzuschreiben …“

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Quelle: Tagebuch illustriert mit Aquarellmalerei und schönen Sprüchen, ISBN 978-3-9823032-0-8

Arten von Tagebüchern

Ein Tagebuch stellt im Grunde genommen eine Aufzeichnung der täglichen Gedanken und Ereignisse dar, sei es in analoger oder digitaler Form. Doch diese Definition erscheint in unserer komplexen Welt natürlich zu oberflächlich. Obwohl die Grenzen zwischen den Arten verschwimmen, lassen sich mindestens folgende Tagebuchvarianten unterscheiden:

1. Klassisches Tagebuch:

Ein Ort, der dazu dient, die bedeutenden Gedanken und Emotionen idealerweise täglich niederzuschreiben.

2. Reisetagebuch:

Durch das Festhalten von Erlebnissen während Reisen wird die Investition in Zeit belohnt und intensiviert den Genuss der Reise, indem man sich z. B. in die Fußstapfen von Ernest Hemingway versetzt.

3. Dankbarkeitstagebuch:

Eine Technik aus der Positiven Psychologie, die die grundlegende Stimmung verbessert und sogar bei Patienten mit Depressionen entspannend wirken kann.

4. Schwangerschafts- und Babytagebuch:

Ein Instrument, um werdende und frischgebackene Eltern später an wichtige Themen zu erinnern – sei es aus reinem Genuss oder aus gesundheitlichen Gründen.

5. Traumtagebuch:

Obwohl der Begriff irreführend ist, steht hier vor allem die Aufzeichnung eigener Träume in der Nacht oder spätestens am Morgen im Fokus, da Träume eine Bedeutung und Wirkung für uns haben können.

6. Projekttagebuch:

Jeder versierte Projektmanager kennt die Bedeutung von Notizen, um auch später nachvollziehen zu können, wer wann was tatsächlich gesagt und getan hat.

Es existieren selbstverständlich viele weitere Formen, wobei einige dieser Tagebücher eher als Journale betrachtet werden sollten. Doch wollen wir hier nicht allzu pingelig sein (siehe auch meinen Beitrag: www.tagebuch-schreiben.com/journaling).

Mögliche Inhalte von Tagebüchern

Die nachfolgende Anleitung gibt dir Hinweise dazu, wie du dein Tagebuch auf eine kultivierte und erkenntnisreiche Art gestalten kannst. Hier sind einige inspirierende Vorschläge:

  • Halte fest, was dich bewegt hat und was du möglicherweise nicht sofort mit anderen teilen möchtest, sei es aufgrund von aufregenden Erlebnissen oder inneren Überlegungen.
  • Notiere Ideen und Gedanken, die dir nebenbei gekommen sind, aber die du nicht vergessen möchtest, um einen umfassenden Überblick über deine geistigen Impulse zu bewahren.
  • Erkunde Emotionen wie Wut, Begeisterung, Trauer oder andere Gefühle und beschreibe dabei eingehend, wie sie sich konkret anfühlen, und reflektiere darüber, wie du mit ihnen umgehen möchtest.
  • Plane für die Zukunft und dokumentiere deine Vorhaben, sei es der Wunsch, Gewicht zu verlieren, begleitet von konkreten Umsetzungsstrategien, oder andere persönliche Zielsetzungen.
  • Vertiefe dich in deine eigene Geschichte, betrachte die verschiedenen Handlungsstränge, die wir alle verfolgen – sei es beruflich, in Beziehungen, finanziell, in Freundschaften oder in Bezug auf die eigene Persönlichkeitsentwicklung.

Falls dir dies zu aufwendig erscheint, merke dir einfach eins:

Starte damit, deine aktuellen Gefühle zu beschreiben und analysiere, wie es dazu gekommen ist.

Schreibe authentisch darüber, was gerade in deinem Leben passiert. Auf diese Weise gehst du stets den richtigen Weg!

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Quelle: Tagebuch illustriert mit Aquarellmalerei und schönen Sprüchen, ISBN 978-3-9823032-0-8

Tipps für mehr Durchhaltevermögen

Die nachstehenden Ratschläge sollen dir dabei helfen, am Ball zu bleiben, falls deine Motivation einmal nachlassen sollte:

1. Übe dich in vertieftem Nachdenken:

Vermeide oberflächliche Belanglosigkeiten. Es bedarf nicht zwangsläufig eines genialen oder bedeutenden Gedankens, den du formulierst. Wenn du jedoch über Tage hinweg nur angenehme Kleinigkeiten notierst, solltest du darüber nachdenken, ob du die Angelegenheit wirklich ernst nimmst – und ob du möglicherweise etwas Bedeutendes verdrängst.

2. Erlebnisse mehrfach festhalten:

Vielleicht an aufeinanderfolgenden Tagen: Das einfache Wegschreiben von wirklich Belastendem ist leider nicht möglich. Erinnere dich daher bewusst daran, dass es klug ist, bedeutende Erlebnisse an mindestens drei aufeinanderfolgenden Tagen wiederholt zu notieren, möglicherweise aus verschiedenen Perspektiven. Die Wiederholung wird dir mit Sicherheit guttun.

3. Wähle eine narrative Erzählform:

Versuche, schwerwiegende Erlebnisse, wenn möglich, in eine narrative Erzählform zu bringen. Verfasse diese unangenehmen Ereignisse wie eine Kurzgeschichte. Vielleicht auch in der dritten Person. Du wirst feststellen, dass du dadurch einen gewissen Abstand gewinnst – was dir guttun wird.

4. Integriere dein Umfeld:

Es ist förderlich, wenn nicht nur ein ICH, sondern auch ein WIR und andere Personen in der GESCHICHTE vorkommen. Betrachte nicht nur in der Handlung und bei schwierigen Erlebnissen, sondern auch generell: Wie siehst du deine Freunde und Feinde? Möchtest du vielleicht einer vergangenen Liebe einen (fiktiven) Brief schreiben? Wer sind die Menschen in deiner Nähe – und was zeichnet sie aus? Was würden Außerirdische denken, wenn sie dich oder deine Welt kennenlernen würden?

Solche oder andere Gedankenspiele, können dir helfen, am Ball zu bleiben.

5. Beginne im Hier & Jetzt:

Wenn gerade kein tiefes Gefühl zum Aufschreiben vorhanden ist, kannst du mit einem Satz aus dem Hier & Jetzt beginnen. Beispiele hierfür sind: „Da habe ich mal wieder…“, „Ich würde jetzt gerne…“, „Was soll ich denn jetzt…“. Und schon geht es los!

6. Schreibe täglich:

Natürlich handelt es sich hierbei nicht um eine strikte Regel. Dennoch ist es hilfreich: Nur wenn du über einen Monat lang täglich Tagebuch geführt hast, wird es dir in Fleisch und Blut übergehen. Erst dann wird es zu einem Freund, der immer für dich da ist. Aber natürlich darfst du auch zwei- oder dreimal am Tag Einträge vornehmen.

Nutze die vorgestellten Tipps, um ein tiefgehendes und nachhaltiges Tagebuch zu führen.

Indem du dich mit verschiedenen Perspektiven und inneren Stimmen auseinandersetzt, kannst du nicht nur schwierige Erlebnisse verarbeiten, sondern auch eine tiefere Verbindung zu deinen Gedanken und Gefühlen aufbauen. Tägliche Einträge über einen längeren Zeitraum hinweg werden dabei zu einer gewinnbringenden Gewohnheit. Denke immer daran:

Tagebuchschreiber leben gesünder, sind selbstreflektierter und verfügen über ein höheres Selbstwertgefühl!

Viel Freude beim Schreiben!

Luca Rohleder, Gründer des NETZWERKs EMPATHIE & IMPATHIE sowie Entwickler von:


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Weitere Quellen
www.dak.de/tagebuch
www.psychologie-heute.de/therapeutisches-schreiben

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